Wirtschaft und Markt

W+M-Expertenrat: Hält die Betriebsschließungsversicherung, was sie verspricht?

Foto: Gerd Altmann auf Pixabay

Tausende solcher Versicherungsverträge aufgrund von COVID-19 auf dem Prüfstand. Die besonderen Umstände, die durch die COVID-19-Pandemie und die behördlichen Maßnahmen, die dieser folgten, entstanden sind, stellen auch die Versicherungswirtschaft vor neue rechtliche Fragen. Mehr dazu von unserem W+M-Experten Rechtsanwalt Dr. Eberhard Frohnecke.

Zahlreiche Versicherer haben für Betriebe, insbesondere Unternehmen, die im Gaststättengewerbe, der Lebensmittelproduktion, -verarbeitung oder dem Vertrieb von Lebens- und Genussmitteln tätig sind und auch in anderen Branchen eine Betriebsschließungsversicherung veräußert. Nach dem dortigen Versicherungsschutz soll es so sein, dass üblicherweise ein Tagessatz an Entschädigung geleistet wird, der in den allermeisten Vereinbarungen auf höchstens 30 Tage pro Versicherungsfall beschränkt ist.

Häufig Anspruch auf ca. € 100.000,00

Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen kann hier, ist die Versicherungssumme dementsprechend vereinbart worden, schnell eine Forderung gegenüber dem Versicherer von ca. € 100.000 entstehen. Zahlreiche Versicherungsnehmer haben für ihre Betriebe nunmehr einen solchen Versicherungsfall angemeldet. Die Versicherer versuchen mit allen Mitteln, sich ihrer Zahlungsverpflichtung zu erwehren. In den meisten Bedingungen ist eine Leistung vereinbart, wenn die zuständige Behörde aufgrund des Infektionsschutzgesetzes beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger, die dann in einem weiteren Punkt aufgezählt werden, den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern bei Menschen nach einem dieser dort aufgezählten Krankheiten oder Krankheitserreger schließt.

Betriebsstätte geschlossen, dann Versicherungsleistungen?

Manche Versicherer treten hierneben trotzdem in die Leistungspflicht ein, wenn Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte wegen einer Betriebsschließung erteilt werden. Hier streitet man sich gern, ob die aufgeführten Krankheiten und Krankheitserreger in den Bedingungen zum Versicherungsvertrag abschließen aufgezählt sind und andere damit nicht als Versicherungsfall gelten. Hintergrund ist nämlich, dass das COVID-19-Virus zum Abschluss des Versicherungsvertrages noch gar nicht bekannt war und deshalb dort nicht aufgeführt werden konnte. Hier dürften die Versicherer im Streit aber 2. Sieger werden.

Achtung: Taschenspielertrick der Versicherer!

Manche Versicherer verweisen darauf, dass aufgrund gezahlten Kurzarbeitergeldes und anderer Kompensationen ein gar nicht so hoher Schaden entstanden sei, wie man mit dem Versicherungsvertrag vertraglich fordere. Hierauf sollte man sich nicht einlassen. Denn die Betriebsschließungsversicherung ist keine Sachversicherung, die entstehenden Schaden ausgleichen soll. Es ist eine Summenversicherung, die man sich vorstellen kann, wie eine Wette. Der Versicherer hat gewettet, dass ein solcher Fall nicht eintritt und der Versicherte hat gewettet, dass ein solcher Fall eintritt und er den Betrag dann unabhängig von der Schadenshöhe erhält. Der Wetteinsatz ist dann die Versicherungsprämie.
Versicherte Unternehmen eventuell sogar besser gestellt, als ohne Krise.
So ist es auch anzunehmen bei der weiteren Klausel vieler Versicherer wie z.B. ERGO oder der Basler Versicherung und auch der VGH. Andere Anbieter dürften ebensolche Bedingungen aufweisen. Denn ein Anspruch auf Entschädigung soll insoweit nicht bestehen, als Schadensersatz aufgrund öffentlich-rechtlichen Entschädigungsrechts beansprucht werden kann. Hier stellen sich die Versicherer mittlerweile auf den Standpunkt, dass zinslose Darlehen und auch eine pauschale Entschädigung, wie sie von Bund und Land angeboten wurden, von der Versicherungsleistung in Abzug zu bringen wären. Dem steht aber entgegen, dass die Unternehmer gegenüber Bund und Land keinerlei Schadensersatzanspruch haben und ein öffentlich-rechtliches Entschädigungsrecht ebenfalls nicht beansprucht werden kann. Vielmehr hat der Fiskus hier diese Leistungen freiwillig getätigt, um das Schlimmste zu verhindern. Im Ergebnis kann es daher sein, dass man trotz aller öffentlicher Leistungen auch den vollen Versicherungsbetrag erhält und somit finanziell sogar bessergestellt ist, als wäre es zu dem Lockdown gar nicht gekommen. Jeder dieser Betriebsschließung Verträge ist jedoch im Einzelnen detailliert zu prüfen. Hierzu sollte man sich unbedingt an eine Rechtsanwaltskanzlei wenden, die über einen Fachanwalt für Versicherungsrecht verfügt.

Dr. Eberhard Frohnecke, Foto: Frohnecke

Der Autor: Dr. Eberhard Frohnecke, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht sowie für gewerblichen Rechtsschutz, Osnabrück.

Hier der Link zum Video: https://youtu.be/3LTk5u2yVSw

 

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