Poutine Kitchen in Berlin dank Mikromezzaninfinanzierung
In Kanada kennt sie jeder, in Deutschland muss sie ihren Bekanntheitsgrad noch ausbauen. Die Rede ist von „Poutine“ – knusprigen Fritten, mit mildem Quietsch-Käse und einer großzügigen Kelle dunkler Soße. Kein Wunder, dass die Kanadier ihre Poutine lieben, denn diese Kombination macht einfach süchtig! In Berlin ist nun Holger Böckner angetreten, die Poutine bekannt zu machen. In der Moabiter Arminiusmarkthalle steht seine Poutine Kitchen, die er mit Hilfe der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg (MBG) eröffnet hat.
Wenn es ums kanadische Essen geht, dann kommt den Deutschen zunächst Ahornsirup in den Sinn, dann eine ganze Weile nichts. So ging es wohl auch Holger Böckner, dem studierten Volkswirt und Kulturmanager mit ausgeprägtem Interesse an Film und Musik. 2007 arbeitete Böckner bei einem Filmfestival in Ottawa. Die gastfreundlichen kanadischen Arbeitskollegen und Freunde machten ihn bei einem Wochenendausflug nach Montreal mit dem Nationalgericht bekannt. „Damals“, erzählt der 42-Jährige, „habe ich mir noch nicht viel dabei gedacht.“ Bei wiederholten Kanadabesuchen gab es immer wieder Poutine. Nach und nach reifte dann die Idee, das kanadische Soulfood könne auch viele Liebhaber in Deutschland finden. Aber: „Ohne Geld bleibt eine Idee oftmals nur eine Idee. Das wollen wir ändern”, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.
Mikromezzaninfinanzierungen stärken die Eigenkapitalbasis
von Unternehmern und verbessern so ihre Kreditwürdigkeit. Und das Beste daran ist: Der Kapitalgeber bekommt weder Stimmrechte noch mischt er sich ins Tagesgeschäft ein. Das machte auch für Holger Böckner Sinn. Da die Kleinbeteiligungen über die MBGen der Bundesländer ausgegeben werden, holte Böckner für die Eröffnung von „The Poutine Kitchen“ die MGB mit an den Tisch.
Poutine ging in den 1950er-Jahren zum ersten Mal in Kanada über die Theke eines Restaurants.
Wer es erfunden hat, darüber streiten sich mehrere Orte und an jeder Ecke Kanadas wird eine andere Geschichte dazu aufgetischt. Eine häufig erzählte stammt aus Drummondville, aus dem Restaurant Le Roy Jucep. Dessen Besitzer hat ein eingetragenes Warenzeichen, das besagt, dass hier die Poutine erfunden wurde. Es servierte bereits 1964 Poutine, wie man sie heute kennt: „frittierte Kartoffeln, Käse und Sauce“. Das Allerlei, was Poutine übersetzt heißen soll, gilt als Fast-Food-Spezialität und wird sogar in kanadischen
McDonald´s- und Burger King-Filialen angeboten.
Käse, der quietscht
Böckner gründete 2016 sein Unternehmen und eröffnete 2018 „The Poutine Kitchen“ in der Arminiusmarkthalle. „Wir wollten möglichst authentisch sein“, erklärt er die Vorbereitungszeit. So wird die Original-Poutine mit sogenannten Cheese Curds gemacht – Käsestücken, die so richtig schön quietschen. Die waren in Deutschland nicht zu kriegen und wurden hier meist durch Mozzarella ersetzt – für Böckner undenkbar. Er versuchte, das Original zu importieren, „aber das wird erst ab ein paar Tonnen rentabel“, erinnert er sich. Nach zahlreichen Experimenten fand er in Uckerkaas einen regionalen Partner, der die liebevoll „Radiergummikäse“ genannte Spezialität für sein Restaurant herstellt. Auch die Gravy – die Sauce – hat nichts mit der deutschen Bratensoße zu tun, ist dickflüssiger und pfeffriger. Mit einer Saucenmanufaktur produziert Böckner nun seine eigene Rezeptur.
Inzwischen ist Böckner mit seinem Restaurant in der Arminiusmarkthalle Treffpunkt nicht nur für deutsche Poutine-Enthusiasten, auch unzählige in Berlin lebende Kanadier kehren bei ihm ein. Regelmäßig veranstalten sie hier ihr Canada-Meetup, denn im Restaurant gibt es nicht nur das kanadische Nationalgericht, Böckner führt auch zahlreiche andere originale Spezialitäten des Landes und ist sozusagen Food-Botschafter Kanadas. Für die kanadische Botschaft organisiert er deren jährlichen Nationalfeiertag, den Canada Day am
1. Juli, zu dem inzwischen 2.500 Gäste kommen.
Foodtrend 2020
Beim Restaurant in der Markthalle soll es nicht bleiben. „Das ist eher unser Proof of Concept“, erklärt Böckner. „Loaded Fries“, also „Fritten mit etwas drauf“, sind jetzt schon populär und Poutine ist das wohl berühmteste Loaded Fries-Konzept. Es wurde bereits von einer renommierten Food-Agentur zum Food-Trend 2020 ausgerufen. So will Böckner dann Poutine-Produkte auch in den Groß- und Einzelhandel bringen, etwa wie das Poutine-Kit in Kanada. Damit will er Marktführer für Poutine-Produkte werden. Den Segen der Kanadier hat Böckner schon, besonders derer, die sich die Erfindung des „Allerlei“ auf die Fahnen schreiben. Drummondvilles Bürgermeister hat die Berliner Poutine bereits als beste außerhalb Québecs geadelt.